Dienstag, 15. August 2017

"Nation der Untoten" von David Wellington

"Komm schon, komm schon", murmelte die Frau, als sich das EKG erwärmte. "Nun mach schon." Endlich erwachte der Bildschirm zum Leben, gleichzeitig schrillte ein Alarmton. Auf dem Schirm bewegte sich eine flache Linie von rechts nach links, ohne jede Abweichung. "Verdammt", fluchte die Schwester und versetzte dem Gerät einen harten Schlag. Nichts veränderte sich. Sie schaltete den Alarm ab. "Schon wieder eine Fehlfunktion!"
"Was...Was hat das zu bedeuten?", fragte Nilla. Plötzlich verspürte sie Angst. "Ich habe keinen Herzschlag? Was bedeutet das?" Die Krankenschwester fluchte und riss die Elektroden von Nillas Körper. "Das bedeutet dass mein Gerät im Arsch ist, und jetzt muss ich ein neues vom anderen Ende des Krankenhauses holen und kann noch eine halbe Stunde auf meine Raucherpause warten! Genau das bedeutet es! Herrgottnochmal, jetzt beruhigen Sie sich endlich." Sie griff nach Nillas festgebundenem Handgelenk und tastete nach dem Puls. Nach ein paar Sekunden verzog sie verwirrt den Mund und drückte ihre Handfläche unter Nillas Nase, um ihren Atem zu fühlen.
Die Wut wich aus ihrem Gesicht und nahm alle Farbe gleich mit. Ihr Blick wurde sanfter, ihre Lippen zitterten etwas. "O Gott. Doktor!", schrie sie. "Code Blau, Code Blau!" Sie wollte sich umdrehen und aus der Nische rennen, als eine der Trennwände zur Seite gerissen wurde.



Captain Bannerman Clark erhält den Auftrag, einen angeblichen Aufstand in einem Hochsicherheitstrakt nachzugehen, da die dort Zuständigen mit  der Situation überfordert sind. Doch was ihn dort erwartet, übertrifft all seine Erwartungen. Nicht die Gefängnisinsassen sind es, von denen Gefahr ausgeht. Allem Anschein nach sind es einige Wärter, die begonnen haben, sich gegenseitig zu zerfleischen und zu fressen. Clark vermutet einen Virus und lässt das Militär und dementsprechende Forschungzentren herbeirufen. Zeitgleich hört man aus Colorado ebenfalls Fälle von Menschen, die Zivillisten auf die gleiche Art angreifen. Wie eine Epidemie breitet es sich rasend schnell aus und überträgt sich sogar auf Tiere. Jedoch ein befallener Mensch unterscheidet sich von den anderen Infizierten. Nilla weiß nicht mehr, wer sie ist, was sie ist und was überhaupt los ist. Nur eines weiß sie sehr schnell, sie ist nicht mehr am Leben. Doch im Gegensatz zu den anderen ihrer Art kann sie noch denken und wirkt fast menschlich. Von einer seltsamen Macht angezogen, reist Nilla durch Amerika. Als Bannerman von ihr erfährt, sieht er in ihr die einzige Chance, die Epidemie zu bekämpfen. Der Kampf gegen die Untoten, deren Zahl immer schneller ansteigt, und gegen eine unbekannte Macht hat begonnen. 

Meine Meinung zu dem Buch:
"Nation der Untoten" ist ein Zombie-Apokalypsebuch der anderen Art. Auf spannende Art und Weise erzählt der Autor David Wellington in drei parallel laufenden Handlungssträngen, wie eine Zombie-Epidemie Amerika überrollt. Als Leser erhält man Einblick in das Leben dreier Menschen, die das alles hautnah miterleben (wobei einer eher nebensächlich ist). Zu Beginn verlaufen die Geschichten noch parallel, jedoch begegnen sich die drei Figuren der drei Handlungsstränge im Laufe der Geschichte. Anfangs springen die Handlungen noch hin und her, von einem Charakter zum anderen. Jedoch wird so die Spannung erst richtig aufgebaut.  Um die Geschichte des Romans realitätsnah zu halten, werden zwischendrin immer wieder Pressemitteilungen, Tatsachenberichte und Blogeinträge eingebaut, die über die derzeitige Situation berichten. Dadurch wird der Leser indirekt dazu angeregt, sich selbst Gedanken zu machen, ob so etwas nicht tatsächlich in der wirklichen Welt möglich wäre. Die Sprünge zwischen den Charakteren und Orten bleiben zunächst weiter bestehen, sind aber niemals verwirrend und machen die Handlungen wesentlich interessanter. Jedoch finde ich, dass die politischen Aspekte, die im Laufe der Geschichte miteinfließen, das Ganze etwas zäh machen und meiner Meinung nach hätten ausgelassen werden können. Als Ausgleich werden die Gewaltszenen,wie Menschen zerfleischt werden, immer häufiger und deutlicher, was die Spannung anhalten lässt. Des Weiteren werden die beiden Hauptpersonen des Romans, Nilla und  Bannerman, sehr gut beschrieben. Mir fiel es sehr leicht, mir die beiden bildlich vorzustellen, sowohl was das Äußerliche als auch den Charakter angeht. Man konnte einen wunderbaren Einblick in die Situationen und Gedanken der beiden erhalten, was mir sehr gefallen hat. Der Autor war stets bemüht, den Grad zwischen Fiktion und Realität zu bewahren. Aber ich finde, dass er gegen Ende immer fiktiver wurde. Das ist an sich nichts schlechtes, doch empfand ich das Ende zum Beispiel als zu abstrakt und an den Haaren herbeigezogen. Es war für mich nicht befriedigend, die Geschichte war meiner Ansicht nach zu abrupt zu Ende. Dennoch muss ich als positiv bewerten, dass es absolut nicht vorhersehbar war. Das ist für mich immer ein sehr wichtiger Kritikpunkt, wenn es um Bücher geht.