Mittwoch, 1. November 2017

"Jane Austens Geheimnis" von Charlie Lovett

Onkel Bertram und sie schlenderten dann durch Londons Straßen und erkundeten irgendein Stadtviertel oder besuchten Gebäude, die etwas mit Literatur zu tun hatten. Sie gingen in Museen und Büchereien mit seltenen Büchern und sahen sich Theaterstücke oder Musicals an, die eine literarische Vorlage hatten. Aber vor alle kauften sie ein, und Sophie gab mit Begeisterung ihr müsam gespartes Taschengeld für "staubige, alte Bücher" aus. Onkel Berram kannte jeden Buchladen in der Stadt, jeden Verkaufsstand mit Antiquitäten, bei dem man meist weiter hinten auf ein verstecktes Bücherregal stieß, jeden Straßenverkäufer auf den Antikmärkten in der Portobello Road oder in Camden Passage, der ein oder zwei Bücher auf seiner ausgebreiteten Decke anbot. Und nach ihrem Bücherbummel machten sie es sich in seiner Wohnung in Maida Vale vor dem Kaminfeuer bequem und lasen. Am Anfang las Onkel Bertram immer Sophie vor, doch schon bald wechselten sie sich nach jedem Kapitel von The Ingoldsby Legends, Der geheime Garten oder Robinson Crusoe ab. Sophie gefielen vor allem die Anfangssätze - sie bargen so viele Möglichkeiten in sich. Am liebsten mochte sie die einfach gehaltenen. "Alice fing an sich zu langweilen; sie saß schon lange bei ihrer Schwester am Ufer und hatte nichts zu thun" oder "Ob ich schließlich der Held meines eigenen Lebens werde, oder ob jemand anderes diese Stelle einnehmen, wird, das sollen diese Blätter zeigen" oder "In einem Loch im Boden, da lebte ein Hobbit".

Sophie Collingwood ist eine passionierte Buchsammlerin und liebt vor allem die Bücher von Jane Austen. Diese Leidenschaft hat sie ihrem Onkel Bertram zu verdanken, der sie in die Welt der Bücher einführte, als Sophie noch ein Kind war. Doch als ihr Onkel plötzlich stirbt, bricht für Sophie eine Welt zusammen. Sie kann außerdem nicht glauben, dass es nur ein Unfall war, der zum Tode ihres Onkels geführt haben soll. Vielleicht hat sie einfach nur zu viele Krimis gelesen, doch Sophie kann das so nicht hinnehmen und stellt eigene Nachforschungen an. Währenddessen nimmt sie einen Job in einem Antiquariat an, für den sie wie geschaffen ist. Als eines Tages gleich zwei Interessenten nach der Zweitausgabe „Ein kleines Buch allegorischer Geschichten" fragen und dieses in Auftrag geben, wird alles noch merkwürdiger. Welcher Sammler möchte denn Zweitausgaben? Noch dazu von einem Buch, von dem niemand etwas zu wissen scheint? Es ist nirgendwo aufzufinden, aber Sophies Neugier ist geweckt. Wieso ist das Interesse daran so groß, dass einer der beiden Kunden ihr sogar droht? Steckt er möglicherweise auch hinter Onkel Bertrams Tod? Und was ist so besonders an diesem Buch? Nach und nach entdeckt Sophie die Geheimnisse hinter „Ein kleines Buch allegorischer Geschichten" und kommt dem Schlüssel zum Geheimnis um Jane Austens Meisterwerk “Stolz und Vorurteil” immer näher. Doch damit begiebt sie sich selbst immer mehr in Gefahr.


Meine Meinung zu dem Buch:
Als ich den Titel das erste Mal sah, wurde ich gleich neugierig. Dass Jane Austen in der heutigen Literatur immernoch eine Rolle spielt, hat mich sehr gefreut. Denn ich mag ihre Geschichten sehr. Vor allem Stolz und Vorurteil. Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen: zur heutigen Zeit und zur Zeit von Jane Austen. Die Zeitstränge sind klar und deutlich getrennt und es kommt so schonmal nicht zu Verwirrungen während des Lesens. Parallel zur Geschichte von Sophie Collingwood erlebt der Leser, wie die junge Jane Austen Freundschaft mit einem gewissen Mister Mansfield schließt, welcher der Autor von „Ein kleines Buch allegorischer Geschichten" ist. Mister Mansfield hilft Jane Austen dabei, Inspiration für ihre eigenen Romane zu finden. Man kann mitverfolgen, wie sich die Geschichten von Jane Austen langsam entwickelten und wie sie ihre Ideen erlangt hat. Währenddessen in unserer Zeit setzt sich Sophie damit außeinander, was es mit dem Buch von Mister Mansfield auf sich hat und entdeckt langsam, dass Jane Austen mit involviert war. Aber was hat das alles zu bedeuten? Was war das Geheimnis der damaligen Autorin? Sophie stößt auf ein unglaubliches, für sie schreckliche Geheimis, dass sie nicht glauben kann. Hat sich die Welt so in Jane Austen getäuscht? Bzw. hat Jane Austen die Welt so sehr getäuscht, all die Jahre in denen Menschen ihre Bücher lasen? Es ist eine wirklich aüßerst spannende Geschichte!
Es fällt leicht, sich die einzelnen Charaktere ganz genau vorzustellen. Und die Passagen, in denen Sophie mit ihrem Onkel zusammen zwischen Büchern saß, haben mir persönlich besoners gut gefallen. Ich bildete mir sogar ein, den Duft der alten Bücher riechen zu können. Einfach wundervoll.
Zur Figur von Sophie: ich konnte mich gut mit ihr identifizieren. Sie ist jung, kennt ihren Platz in der Wel noch nicht richtig, weiß nicht wohin und liebt Bücher über alles. Was mich jedoch an ihr störte, waren ihre "Romanzen". Ich konnte ihr Handeln nicht nachvollziehen und fand generell den Aspekt der Liebe in diesem Roman unnötig. Man hätte es meiner Meinung nach auch auslassen können. Einer ihrer "Verehrer" war für sich so an dern Haaren heribeigezogen, dass es einfach nur seltsam war. Er erscheint am Anfang der Geschichte kurz, ist dann das ganze Buch über nicht anwesend und taucht am Ende wieder auf. Das schien mir doch sehr ungeschickt gemacht. Doch trotz alldem würde ich das Buch wieder lesen!
Der Teil der Geschichte, der in unserer jetzigen Zeit spielt, kommt einem Krimi recht nahe, doch nicht zu sehr. Ich bin kein Krimi-Fan, fand hier aber einen angehmen Grad davon vor. Es war spannend, aufregend, man hat sich im Hinterkopf immer eigene Gedanken gemacht zu den Ereignissen und Fakten. Wem kann Sophie trauen? Sind ihre Entdeckungen wahr? Wer ist gut und wer ist böse? Spannend und wundervoll geschrieben von Anfang an, absolut zu empfehlen!

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