Montag, 14. November 2016

"Der wilde Garten" von Barbara Claypole White

Isaac, der in einem ihrer Schattenbeete irgendwelche ekligen Krabbeltiere suchte, richtete sich auf und zog an seiner Schlafanzughose. "Denkst du gerade an Daddy?" "Nein." Ihr Blick folgte einer Dunstschwade, die gen Himmel stieg. "An Enland?" "Erwischt." Verflixt, selbst einem Kind gelang es mühelos, sie zu durchschauen. Zum Glück musste sie nie irgendwelche Geheimnisse bewahren. "Ich habe an den wunderbaren Sommerregen dort gedacht. Und daran, dass es dort keine Schlangen gibt." Isaac zog eine Grimasse, als seien sie gerade in ihrem Truck bei geöffnetem Fenster an einem toten Stinktier vorbeigefahren. "Willst du wieder zurück?" "Wie kommst du denn auf die Idee?" Vermeide eine direkte Antwort, das ist schlau. "Weil du denkst, dass in England alles besser ist." Isaac scharrte mit den Füßen, und das Schuldbewusstsein schnürte ihr die Kehle zu. "Aber ich will hier leben, in unserem Haus. Und zwar für immer." 


 "Die Liebe ist so unberechenbar wie ein wilder Garten"
Als Tilly auf tragische Weise ihren Mann verliert, lebt sie allein mit ihrem 8-jährigen Sohn Isaac weiterhin in North Carolina. Tilly ist leidenschaftliche Gärtnerin und betreibt einen Pflanzenhandel. Sie lebt äußerst zurückgezogen, vermeidet den Kontakt zu Kunden und überlässt dies ihrer Assistentin, die Tilly insgeheim für unfähig hält. Isaac ist der Einzige, für den sie stark sein kann. Sie ist Supermom. Doch wenn Tilly allein ist, bricht sie zusammen. Der Tod ihres Mannes und die daraus entstandenen Schuldgefühle erdrücken sie immernoch.
Eines Tages taucht ein fremder Mann in ihrem Leben auf. James, der insgeheim unter einer Zwangsstörung leidet, möchte mit Hilfe von Tilly einen Garten anlegen und sich so seinen Ängsten stellen. Doch seine Bitte wird abgelehnt, da Tilly nicht als Landschaftsgärtnerin tätig sein möchte. Außerdem benötigte ihre Mutter in England Tilly Pflege, weshalb sie schon bald in ihr geliebtes England zurückkehrt. Doch ihr Besuch in England bringt nicht die erhoffte Flucht von allen Problemen und ein wenig Erholung, sondern weitere Probleme. Tilly begegnet ihrer alten Jugendliebe, ihre Mutter will das Haus ihrer Kindheit verkaufen und dieser seltsame James taucht plötzlich im Garten ihrer Mutter auf. Die Probleme häufen sich und es gilt nun für Tilly, damit umzugehen und diese zu bewältigen.



Meine Meinung zu dem Buch:
 Für mich war es zunächst sehr schwer, in das Buch hineinzufinden. Vom Schreibstil her war es wirklich gut, aber Stellenweise trocken und langweilig. Doch dann kamen wieder Momente, die wirklich bewegend waren und man sich wunderbar in Tillys oder James' Lage hineinversetzen konnte. Ich fand es sehr interessant, das Leben aus der Sicht eines Mannes zu sehen, der unter Zwangsstörungen leidet. Auch aus der Sicht von Tilly war es recht interessant zu verfolgen, wie sie das Leben mit Kind, Arbeit und all den anderen Problemen meistert. Meiner Ansicht nach waren die interessantesten Stellen die, in denen man mitbekam, wie es James erging. Wie er panisch wurde, wenn er nur an Dreck an seinen Händen dachte. Es war wirklich gut beschrieben und verständlich, wie es ihm erging.
Leider habe ich oft gedacht, dass die Autorin unnötige Stellen eingebaut hat, die die ganze Geschichte nur unnötig in die Länge ziehen. Auch gab es leider ein paar Stellen, an denen ich nur dachte "Echt jetzt?". Es kam einem sehr an den Haaren herbeigezogen vor, wie in einer schlechten Soap. Nach dem Motto: hier muss jetzt noch irgendwas passieren. Ja, es waren unerwartete Wendungen, was dem ganzen nochmal einen Schub verpasst hat. Doch konnte ich mich mit diesen Ideen nicht anfreunden. Was ich besonders schön fand, war, dass es fast nie kitschig wurde. Liebe, ja, aber kaum Kitsch. Ich habe das Buch relativ flüssig lesen können, war aber nicht ganz so begeistert davon. Der Schluss war für mich außerdem vorhersehbar und unbefriedigend. Ich hätte ein wenig mehr erwartet. Dennoch möchte ich behaupten, es ist es wert, das Buch einmal gelesen zu haben. Immerhin hat die Autorin es geschafft, die beiden unterschiedlichsten Menschen in eine Geschichte zu packen und sich näher kommen zu lassen. Psychologisch gesehen ist es auch sehr interessant, wie Tilly mit dem Tod ihres Mannes umgeht und wie James mit seiner Zwangsstörung zu kämpfen hat und die beiden irgendwie auf den gleichen Nenner kommen. Der Leidensweg der beiden ist verständlich, lässt den Leser mitfühlen und dann miterleben zu können, wie sich die beiden zusammenraufen und sich ihren Problemen stellen, ist wunderbar zu lesen und sehr interessant.

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