Am
Morgen betrat Pasi als Erste die Küche. Marie lag auf dem Fußboden und
starrte an die Decke. Neben ihr standen eine leere und eine halb volle
Flasche Pinot Grigio, ein Riedel-Burgunderglas und eine leere
Kaffeetasse. Pasi machte auf dem Absatz kehrt und lief zu Martin ins
Schlafzimmer, der gerade zum zweiten Mal dem Weckerpiepen ein Ende
setzte. "Mama liegt auf dem Fußboden in der Küche und guckt an die Decke. Sie hört Mozart."
"Oje. Requiem?"
"Glaub, ja."
"Okay, ich komme."
Martin
schlurfte in die Küche, machte die Musik aus, räumte den Fußboden auf
und setzte sich neben Marie. "Kann ich etwas für dich tun, die
vielleicht ins Bett helfen?" Sie antwortete nicht. "Hör mal, Schatz, die
Kinder wollen jetzt hier frühstücken. Ich fahre gleich mit ihnen los,
aber vorher müssen sie etwas essen. Die Gewürze sind prima sortiert. Du
kannst jetzt schlafen. Komm."
Wenn sich zwei Frauen mittleren Alters begegnen, die auf den ersten
Blick nicht unterschiedlicher sein könnten, geht man nicht davon aus,
dass sie miteinander auskommen. So ist es auch, als Marie und Helene
aufeinandertreffen.
Marie musst seit einiger Zeit ohne ihr Vermögen leben, denn ihr Mann
Martin (mit dem sie lediglich eine Zweckehe führt) ist bankrott. Von nun
an keine Cocktails für 20€ mehr, kein Chanel N°5 und keine teure
Kleidung mehr. Auf Grund ihrer Depressionen und Todessehnsüchte kann
Marie am Abend
nicht ohne mindestens eine Flasche Wein einschlafen und Bücher liest sie
stets von hinten nach vorne.
Helene hingegen ist Therapeutin, rasiert sich nie, trinkt nur Tee und
ist rein optisch vollkommen anders als Marie. Sie schminkt sich nicht,
trägt keine figurbetonten Kleider und keine Schuhe mit Absatz. Helen
führt ein eher langweiliges Leben mit ihren beiden Söhnen. Eines Tages
entschließt sich Maries Mann, dass seine Frau endlich in Therapie gehen
soll. So begegnen sich die beiden Frauen schließlich. Helene bemüht sich
zunächst vergebens darum, an Marie heranzukommen, doch diese ist stets
nur patzig und lenkt vom Thema ab. Doch langsam, von Sitzung zu Sitzung
öffnet sich Marie. Aber auch Helene beginnt, sich gegenüber Marie zu
öffnen und die beiden merken, dass sie doch einiges gemeinsam haben. Zum
Beispiel einen Ex-Mann, der unter dem Ödipuskomplex leidet und stets
ein Kuscheltier im Bett hatte. Zwischen chaotischen Alltagserlebnissen
der beiden und unerwarteten Ereignissen entwickeln sich die beiden in
die jeweils andere Richtung. Eine Freundschaft der anderen Art entsteht.
Meine Meinung zu dem Buch:
Als ich das Buch zum ersten Mal las, fand ich es recht seltsam und
gewöhnungsbedürftig. Ich möchte behaupten, dass es zu 40% aus innerem
Monolog, zu 40% aus Dialog und zu 20% aus Geschehnissbericht besteht.
Doch wenn man erst einmal in die Geschichte hineingekommen ist, findet
man Interesse daran. Maries stets etwas pubertierendes, oft kindliches
Verhalten gegenüber allen ist äußerst interessant. Es ist etwas, dass
ich noch nie gelesen habe. Ihre Art scheint besonders zu sein. Manchmal
besonders nervig. Ich finde auch den ständig Wechsel zwischen der
ruhigen und vernünftigen Helene und der aufbrausenden Marie sehr
unterhaltsam. Es ist einem möglich, im Wechsel in die Köpfe der beiden
hineinschauen zu können. Ihre Gedanken sind entweder verwirrend, fast
dämlich, oder ziemlich intelligent. Das Buch ist wirklich
gewöhnungsbedürftig und nicht für jeden geeignet. Es bedarf eine gewisse
Anstrengung während des lesens und manchmal muss man Sätze zweimal
lesen, um sie zu verstehen. "Rosenpsychosen" ist auf seine anstrengende
Art poetisch, tiefgründig, oberflächlich und psychologisch. Alles in
allem ein außergewöhnliches Buch. Ob ich es weiterempfehlen würde, kann
ich nicht sagen. Ein paar bestimmten Leuten vielleicht, aber nicht im
Allgemeinen.Die Autorin hat ihren eigenen Humor, der an einigen Stellen
doch äußerst komisch ist und einen schmunzeln lässt. Im Ganzen könnte
man sagen, es ist ein Lesespaß voller Gefühle. Marie reißt einen mit
ihrer Überschwänglichkeit einfach mit, Helene hält einen gleichzeitig
auf dem Boden. Dies ist absolut keine 0-8-15-Lektüre. Kein gewöhnlicher
Frauenroman, sondern voller Witz, bissiger Bemerkungen und kein
kitschiges Happy End.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen