Donnerstag, 6. Oktober 2016

"Der Garten über dem Meer" von Jane Corry

Ihr Vater zuckte zusammen, als hätte etwas Scharfes seinen Körper durchborht. "Sie hat Gott sei Dank überlebt." Dann stöhnte er und schlug die Hände vors Gesicht. "Aber dein Bruder ist zu den Engeln gegangen." "Aber ich habe keinen Bruder, Papa!", rief sie und näherte sich ihm mit ausgestreckten Händen. Was? Ihr Vater wich zurück, als wollte er nichts mit ihr zu tun haben. "Du hattest einen, Mary Rose, aber durch den Sturz..." Seine Stimme klang mit einem Mal, als würde in seiner Kehle ein Bissen feststecken. "Der Sturz hat deinen Bruder das Leben gekostet." Er schüttelte den Kopf und wich sogar einen weiteren Schritt vor ihr zurück. "Deiner Mama geht es nicht gut." Mary Rose brauste sofort auf. "Sie ist nicht meine Mama!"


Alles beginnt in Devon, 1866. Die Mutter der kleinen Mary Rose stirbt während der Geburt ihres zweiten Kindes, welches ebenfalls nicht dem Tod entgehen kann. Auf ihrem Sterbebett vermacht die Mutter ihrer einzigen Tochter einen Ring. Dieser muss stets in der Familie bleiben und darf nur vom selben Blut getragen werden, ansonsten überkommt die Familie ein schrecklicher Fluch. Lange nach dem Tod ihrer Mutter bemüht sich Mary Rose, ihren Vater so gut es geht zu beschäftigen, ihn abzulenken und mit ihm viel Zeit zu verbringen. Doch eines Tages ändert sich alles. Mary Rose erhält eine Gouvernante, eine bildschöne, junge Französin. Bald ist die Dame so sehr in die Familie mit integriert, dass der Hausherr sie zu seiner Frau nimmt. Mary Rose versucht dies mit Fassung zu tragen, denn zu Beginn ist die neue Stiefmutter angenehm und liebevoll. Doch von Zeit zu Zeit verändert sich das Verhältnis und die klischeehafte, böse Stiefmutter tritt zum Vorschein. Das Leben der jungen Mary Rose geht von nun an nur noch abwärts.
Jahrhunderte später zieht Laura Marchmont mit ihrem frischen Ehemann in ein Häuschen, dessen Garten direkt über der Steilküste liegt. Zunächst erscheint alles wundervoll, bis die Exfrau und die Töchter ihres Mannes ihr das Leben schwer machen. Als Lauras Großmutter eines Tages stirbt und ihr eine Stickerei hinterlässt, schleicht sich bei ihr langsam das Gefühl ein, dass etwas nicht stimmt. Als würde ein Schatten der Vergangenheit über ihr liegen, ein Fluch. Bis auf die Hochzeit scheint in ihrem Leben alles schief zu gehen. Doch als Laura die Stickerei in den Händen hält, beginnt sie, in der Vergangenheit nachzuforschen und stellt dabei etwas verblüffendes heraus, was ihr eigenes Leben wiederum stark beeinflussen wird.


Meine Meinung zu dem Buch:
Als ich das Buch zum ersten Mal in der Hand hielt und zu Beginn sah "1866", wollte ich es schon aus der Hand legen. Doch zum Glück habe ich es nicht getan. Diese Geschichte spielt sowohl damals als auch heute und ist absolut faszinierend. Es fällt so leicht, sich in die Protagonisten Mary Rose und Laura hineinzuversetzen, mit ihnen zu leiden und zu bangen. Faszinierend ist auch, wie die Autorin die beiden Lebensgeschichten der Frauen miteinander verknüpft hat.
Das Buch spiegelt den damaligen Lebensstil wieder, als noch die Leute noch dafür gehängt wurden, wenn sie auch nur einen Apfel stahlen. Die Geschichte ist von vorne bis hinten emotional, spannend, aufregend, man entwickelt einen Hass auf die Stiefmutter und leidet mit.
Interessant und spannend geschrieben. Von Anfang bis Ende. Das Lesen fällt trotz den Zeitsprüngen nie schwer, da sie deutlich getrennt und gekennzeichnet sind. Man ist von vorne herein gefesselt und fragt sich ständig, wie das Geschehen von damals Auswirkungen auf das Heute haben wird.

Ein absolut gut geschriebener Roman, den ich allen nur wärmstens empfehlen kann!

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